Geschichten & Achtsamkeit

»…aber wenn du mir eine Geschichte erzählst, wird sie für immer in meinem Herzen leben.«

Native American Proverb

Für dich

Der Tempel der tausend Spiegel

Es gab in Indien den Tempel der tausend Spiegel. Er lag hoch oben auf einem Berg und sein Anblick war gewaltig. Eines Tages kam ein Hund und erklomm den Berg. Er stieg die Stufen des Tempels hinauf und betrat den Tempel der tausend Spiegel.

Als er in den Saal der tausend Spiegel kam, sah er tausend Hunde. Er bekam Angst, sträubte das Nackenfell, klemmte den Schwanz zwischen die Beine, knurrte furchtbar und fletschte die Zähne. Und tausend Hunde sträubten das Nackenfell, klemmten die Schwänze zwischen die Beine, knurrten furchtbar und fletschten die Zähne.

Voller Panik rannte der Hund aus dem Tempel und glaubte von nun an, dass die ganze Welt aus knurrenden, gefährlichen und bedrohlichen Hunden bestehe.

Einige Zeit später kam ein anderer Hund, der den Berg erklomm. Auch er stieg die Stufen hinauf und betrat den Tempel der tausend Spiegel. Als er in den Saal mit den tausend Spie-geln kam, sah auch er tausend andere Hunde. Er aber freute sich. Er wedelte mit dem Schwanz, sprang fröhlich hin und her und forderte die Hunde zum Spielen auf.

Dieser Hund verließ den Tempel mit der Überzeugung, dass die ganze Welt aus netten, freundlichen Hunden bestehe, die ihm wohlgesonnen sind.

Unbekannt

Für dich

Die schmutzige Wäsche des Nachbarn

Ein junges Paar zieht in eine neue Nachbarschaft. Am nächsten Morgen, während sie ihr Frühstück essen, sieht die junge Frau, wie ihre Nachbarin draußen ihre Wäsche aufhängt.

„Die Wäsche ist nicht sehr sauber; sie weiß nicht, wie man richtig wäscht. Vielleicht braucht sie ein besseres Waschmittel.“

Ihr Mann sieht zu und bleibt ruhig. Jedes Mal, wenn ihre Nachbarin ihre Wäsche aufhängt, um sie zu trocknen, gibt die junge Frau die gleichen Kommentare von sich.

Einen Monat später ist die Frau überrascht, als sie eine schöne, saubere Wäsche auf der Leine zu sehen bekommt und sagt zu ihrem Mann: „Schau mal, sie hat endlich gelernt, wie man richtig wäscht. Ich frage mich, wer ihr das beigebracht hat? „

Der Mann erwidert: „Ich stand heute Morgen früh auf und habe unsere Fenster geputzt.“

Paulo Coelho

Für dich

Der Ziegelstein

Ein junger und erfolgreicher Manager fuhr mit seinem neuen Auto in hoher Geschwindigkeit dahin. Plötzlich kam ein Ziegelstein geflogen und schlug mit Gewalt auf die Seitentür des Wagens. Der Fahrer bremste scharf und schaltete den Rückwärtsgang ein, bis zur Stelle, wo der Stein hergekommen war. Sprang aus dem Wagen, packte den kleinen „Verbrecher“ und schob ihn gegen den geparkten Wagen: „Warum hast du das getan? Wer bist du? Weißt du, welchen Schaden du mir gemacht hast? Dies ist ein neues und teures Auto, verstehst du? Der Ziegelstein, den du geworfen hast, wird mir viel Geld kosten! Warum hast du das getan?“

„Bitte, Herr, entschuldigen Sie mich, ich wusste nicht, was ich tun sollte!“, bat der Knabe. „Niemand wollte hier sein Auto stoppen, um mir zu helfen.“ Tränen strömten über seine Wangen, während er in Richtung eines umgefallenen Rollstuhles hinwies. „Es ist mein Bruder. Er rollte ohne Hemmung über den Randstein der Straße und fiel aus seinem Rollstuhl. Ich habe nicht die nötige Kraft, ihn aufzuheben. Können Sie mir vielleicht helfen, ihn in seinen Rollstuhl zurückzubringen? Er hat sich verletzt und ist zu schwer für mich.“

Tief bewegt und ohne ein Wort zu sagen, ging der junge Fahrer zum kleinen Verunglückten, hob ihn auf und setzte ihn wieder in seinen Rollstuhl. Dann nahm er sein Taschentuch, wischte und prüfte die Schrammen und Wunden, um zu sehen, ob alles in Ordnung sei.

„Vielen Dank, Herr! Der liebe Gott wird Sie dafür segnen!“, bedankte sich der Junge, dann griff er mit beiden Händen zu und schob den Rollstuhl seines Bruders nach Hause.

Der junge Fahrer folgte ihm mit seinen Augen und bewegtem Herzen, während der Rollstuhl sich mehr und mehr entfernte. Dann kehrte er zu seinem Auto zurück. Es folgte ein langer, langsamer Weg bis nach Hause. Die verbeulte Tür wurde niemals repariert. Der Fahrer ließ sie, wie sie war, um sich ständig daran zu erinnern, nicht so schnell durchs Leben zu rennen, dass jemand einen Ziegelstein werfen muss, um Aufmerksamkeit zu bekommen.

Unbekannt

Für dich

Der Schäfer und das Wetter

Ein Wanderer trifft auf einen Schäfer. Er fragt ihn, wie wohl das Wetter in den nächsten Tagen werden würde. Der Schäfer antwortet: „So, wie ich es gerne habe.“ „Woher wissen Sie, dass das Wetter so werden wird, wie Sie es mögen”, fragt der Wanderer. „Sehr einfach”, antwortet der Schäfer. „Ich habe die Erfahrung gemacht, dass ich nicht immer das bekomme, was ich möchte. Also habe ich gelernt, immer das zu mögen, was ich bekomme. Deshalb bin ich mir sicher, dass das Wetter so wird, wie ich es mag.“

Unbekannt

Für dich

Vergnügungen

Der erste Blick aus dem Fenster am Morgen

Das wieder gefundene alte Buch

Begeisterte Gesichter

Schnee, der Wechsel der Jahreszeiten

Die Zeitung

Der Hund

Die Dialektik

Duschen, Schwimmen

Alte Musik

Schreiben, Pflanzen

Reisen

Singen

Freundlich sein.

Berthold Brecht

Für dich

Die Pakete am Baum

In einem Dorf stand eine starke uralte Eiche. Eines Tages forderte der Dorfälteste alle Dorfbewohner auf, ihre Probleme und Sorgen in ein Paket zu packen und auf die Eiche zu hängen. Der alte Mann stellte aller-dings eine Bedingung: Jeder, der ein Paket auf den Baum band, musste dafür ein anderes mitnehmen. Alle Dorfbewohner waren damit einverstanden und machten sich eiligst daran, ihre Sorgen und Nöte in ein Paket zu verschnüren und an den Baum zu hängen. Jeder von ihnen nahm ein Paket mit Problemen eines anderen Dorfbewohners mit nach Hause. Doch innerhalb kurzer Zeit kam es zu einer großen Aufregung. Die Bewohner eilten zum alten Mann und beschwerten sich, dass die fremden Sorgen wesentlich größer sind als die eigenen. Der Alte lächelte. Und es dauerte nicht lange, da packten alle Dorfbewohner die fremden Sorgen wieder in das Paket und brachten dieses zu der Eiche zurück. Schließlich gingen alle Bewohner wieder mit ihrem Sorgen-Päckchen nach Hause.

Unbekannt

Für dich

Die Kraft der Gegenwart

Sie sind gestresst?
Sind Sie so sehr auf die Zukunft ausgerichtet,
dass die Gegenwart nur noch ein Vehikel ist,
um dorthin zu gelangen?
Stress wird dadurch verursacht,
dass wir „hier“ sind, aber „dort“ sein wollen.
Oder dass wir uns in der Gegenwart befinden,
aber in der Zukunft sein möchten.
Das ist eine Spaltung, die uns innerlich zerreißt.
Eine solche innere Spaltung zu erzeugen
und damit zu leben,
das ist der reine Wahnsinn.
Die Tatsache, dass alle Leute es so machen,
macht es nicht weniger wahnsinnig.

Eckhart Tolle

Für dich

Das Gasthaus

Das menschliche Dasein ist ein Gasthaus.
Jeden Morgen ein neuer Gast.
Freude, Depression und Niedertracht –
auch ein kurzer Moment von Achtsamkeit
kommt als unverhoffter Besucher.
Begrüße und bewirte sie alle!
Selbst wenn es eine Schar von Sorgen ist
die gewaltsam Dein Haus
seiner Möbel entledigt
Selbst dann behandle jeden Gast ehrenvoll
vielleicht reinigt er Dich ja
für neue Wonnen
Dem dunklen Gedanken, der Scham, der Bosheit-
begegne ihnen lachend an der Tür
und lade sie zu dir ein
Sei dankbar für jeden, der kommt
denn alle sind zu Deiner Führung geschickt worden
aus einer anderen Welt.

Rumi

Für dich

Die Nägel im Zaun

Es war einmal ein kleiner Bub, der schnell wütend wurde und dann ausrastete.

Da gab ihm sein Vater einen Hammer und eine große Packung voller Nägel und sprach: „Jedes Mal, wenn du wütend wirst und dann so ausrastet, gehst du zu diesem Zaun und schlägst einen Nagel hinein.“ Der Junge war damit einverstanden, auch wenn er den Sinn dahinter zuerst nicht verstand.

Am nächsten Tag hämmerte der Bub bereits viele Nägel in den Zaun. Die Tage vergingen und mit jedem Tag wurden es weniger Nägel, die der Junge in den Zaun schlug. Ihm wurde bewusst, dass seine Wut eine innere Ursache hat und er oft über die Maßen ausrastete, und das wollte er an sich ändern.

Eines Tages war es schließlich so weit, dass er den ganzen Tag keinen Nagel in den Zaun schlagen musste. Ganz stolz teilte er das seinem Vater mit. Der Vater nahm ihn bei der Hand und ging mit ihm zum Zaun: „Gut gemacht. Von nun an machen wir es so: Für jeden Tag, den du nicht ausrastet, darfst du einen Nagel wieder aus dem Zaun ziehen.“ Der Bub war wieder einverstanden.

Wieder vergingen viele Tage bis der Junge zu seinem Vater lief und ihm mitteilte, dass nun keine Nägel mehr im Zaun sind. Der Sohn freute sich sehr. Gemeinsam gingen sie zum Zaun. Der Vater sagte zu ihm: „Das hast du toll gemacht. Aber schau dir die vielen Löcher im Zaun an, welche die Nägel hinterlassen haben. Der Zaun ist nicht mehr der, der er einmal war.“

Der Junge stimmte seinem Vater zu und dieser sprach weiter: „Denk daran, wenn du das nächste Mal wütend etwas zu anderen Menschen sagst oder tust. Deine Worte könnten Narben hinterlassen, so wie diese Nägel Spuren im Zaun hinterlassen haben. Auch wenn es Dir später leid tut und du dich entschuldigst, die Narben bleiben.“

Unbekannt

Für dich

Zwei Wölfe wohnen ach in meiner Brust

Eines Abends erzählte ein alter Cherokee-Indianer seinem Enkelsohn am Lagerfeuer von einem Kampf, der in jedem Menschen tobt.

Er sagte: „Mein Sohn, der Kampf wird von zwei Wölfen ausgefochten, die in jedem von uns wohnen.“

Einer ist böse.

Er ist der Zorn, der Neid, die Eifersucht, die Sorgen, der Schmerz, die Gier, die Arroganz, das Selbstmitleid, die Schuld, die Vorurteile, die Minderwertigkeitsgefühle, die Lügen, der falsche Stolz und das Ego.

Der andere ist gut.

Er ist die Freude, der Friede, die Liebe, die Hoffnung, die Heiterkeit, die Demut, die Güte, das Wohlwollen, die Zuneigung, die Großzügigkeit, die Aufrichtigkeit, das Mitgefühl und der Glaube.

Der Enkel dachte einige Zeit über die Worte seines Großvaters nach, und fragte dann: Welcher der beiden Wölfe gewinnt?

Der alte Cherokee antwortete: „Der, den du fütterst.“

Unbekannt

Für dich

Von Mitgefühl bewegt

Mitgefühl ist die Antwort des Herzens auf Schmerz.
Wir haben Anteil an der Schönheit des Lebens und am Ozean der Tränen.
Das Leiden am Leben ist Teil unseres Herzens sowie Teil dessen,
was uns miteinander verbindet.
Es trägt eine Zärtlichkeit in sich, ein Mitgefühl und Wohlwollen,
das alle Dinge umfängt und jedes Wesen berühren kann.

Jack Kornfield

Für dich

Die Schale der Liebe

Wenn du vernünftig bist, erweise dich als Schale und nicht als Kanal,
der fast gleichzeitig empfängt und weitergibt,
während jene wartet, bis sie gefüllt ist.
Auf diese Weise gibt sie das, was bei ihr überfließt, ohne eigenen Schaden weiter. Lerne auch du, nur aus der Fülle auszugießen und habe nicht den Wunsch freigiebiger zu sein als Gott.
Die Schale ahmt die Quelle nach. Erst wenn sie mit Wasser gesättigt ist, strömt sie zum Fluss, wird sie zur See. Du tue das Gleiche! Zuerst anfüllen, und dann ausgießen.
Die gütige und kluge Liebe ist gewohnt überzuströmen, nicht auszuströmen. Ich möchte nicht reich werden, wenn du dabei leer wirst.
Wenn du nämlich mit dir selber schlecht umgehst, wem bist du dann gut?
Wenn du kannst, hilf mir aus deiner Fülle,
wenn nicht, schone dich.

Bernhard von Clairvaux

Für dich

Ubuntu – ICH bin weil WIR sind

Ein Anthropologe bot Kindern eines afrikanischen Stammes der Xhosa-Kultur ein neues Spiel an. Er stellte einen Korb voller Obst in die Nähe eines etwas entfernten Baumes und sagte ihnen, wer zuerst dort sei gewinnt die süßen Früchte. Als er ihnen das Startsignal gegeben hatte, nahmen sie sich gegenseitig an den Händen und liefen so gemeinsam zum Baum!

Dort angekommen, setzten sie sich gemeinsam auf den Boden und genossen ihre Leckereien zusammen. Als der Lehrer sie fragte, weshalb sie so gelaufen seien, wo doch jeder die Chance hatte, die Früchte für sich selbst zu gewinnen, antworteten sie: „Ubuntu“ (das bedeutet) “ ICH bin weil WIR sind“ und erklärten dazu: „Wie könnte einer von uns froh sein, wenn all die anderen traurig sind?“

Unbekannt